03/11/2024 0 Kommentare
35 Mauerfall - Ein Ossi wurde Kirchenführer in St. Marien
35 Mauerfall - Ein Ossi wurde Kirchenführer in St. Marien
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35 Mauerfall - Ein Ossi wurde Kirchenführer in St. Marien
Vor 35 Jahren fiel die Mauer. Noch im Juni 1961 sagte Walter Ulbricht den legendären Satz: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten". Mitten durch Deutschland, geteilt von den Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg, zog sich vom 13. August 1961 an ein eiserner Vorhang, der nur überwunden werden konnte, wenn man sein Leben aufs Spiel setzte.
Für mich als DDR-Bürger war es eine Grenze auf Zeit - nur solange erforderlich, bis wir in der DDR wirtschaftlich besser geworden wären als in der Bundesrepublik und keiner „abhauen“ müsste in die Freiheit und dahin, wo die Arbeit besser entlohnt würde. Eine Illusion – Häuser, Städte, Dörfer und Fabriken zerfielen zusehends. Es bröckelte überall. Der Westen enteilte wirtschaftlich und ganz privat.
Auch wenn ich mich kritisch mit der dogmatischen Führungsspitze und der Stasi auseinandersetzte, war der durch Schule und Elternhaus vermittelte Glaube fest in mir, dass wir die Chance hatten, in der DDR ein besseres Deutschland zu schaffen, eine weniger egoistische Gesellschaft – einen Sozialismus mit menschlichem Gesicht, wenn nur die richtigen Köpfe das Land regieren würden. Dazu kam es bekanntlich nicht – meine Illusion platzte und ließ mich ratlos.
Als die Mauer fiel, wusste ich, dass ich mir einen neuen Job suchen musste. 1989 war ich in der Computerfertigung, also im Moment, als die Mauer fiel, weit hinter dem Mond. Es brauchte keine große Weitsicht, dass mein Job wie bei Millionen anderer Menschen sehr schnell wegfallen würde, was bald darauf auch geschah. Großes Glück hatte ich, dass ich sehr schnell im Westen eine Anstellung in einem großen Softwarehaus erhielt, wo ich bis zur Rente eine sehr interessante und gut bezahlte Arbeit bekam.
Als Rentner zog mich meine zukünftige Ehefrau in das schöne Lübeck. Im geteilten Deutschland war Lübeck eine Grenzstadt; Trave und Wakenitz verliefen ebenfalls direkt an dieser Grenze. Ich war fasziniert von der alten Hansestadt mit ihren großen Kirchen, der reichen Kultur, der nahen Ostsee, der Trave und Wakenitz – ich fühlte mich sofort angekommen. In der Zeitung fiel mir eine Annonce ins Auge – „St. Marien sucht Ehrenamtliche“. Nach einem Gespräch mit Evi Wiese war schnell klar – hier möchte ich Kirchenführer werden: Es war und ist sehr spannend, mich in die unzähligen Jahrhunderte alten Schätze der Kirche zu vertiefen und anderen davon etwas zu erzählen. Ich freue mich mit den Besuchern, wenn sie neugierig und staunend durch unsere schöne Kirche gehen und ich freue mich, in der Gemeinschaft von St. Marien meinen Platz gefunden zu haben.
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