26/09/2024 0 Kommentare
Innenstadt: Die Zukunft beginnt
Innenstadt: Die Zukunft beginnt
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Innenstadt: Die Zukunft beginnt
Die kirchliche Landschaft verändert sich, Gemeinden rücken enger zusammen. Sichtbar im gemeindlichen Leben der Innenstadtkirchen wurde dies bereits im Jahr 2021. Die St.-Jakobi-Kirchengemeinde feiert seit Ostern letzten Jahres „Jakobi Punkt 5“ immer sonnabends um 17 Uhr. „Dieses Modell hat sich bewährt, wir begrüßen seitdem viele neue Gäste“, so Pastor Lutz Jedeck. Nun haben sich die Gemeinden darauf geeinigt, dass ab Juli die Gottesdienste im Dom sonntags um 10 Uhr (statt bisher um 10.40 Uhr) und in St. Marien um 12 Uhr (statt bisher um 10 Uhr) stattfinden. In St. Aegidien werden Gottesdienste wie gehabt sonntags um 10 Uhr gefeiert.
Veränderungen in der pastoralen Arbeit
Nach gegenwärtigem Planungsstand werden bereits ab 2024 und verstärkt ab 2027 auch die vier Lübecker Innenstadtgemeinden mit deutlich weniger Pastor:innen arbeiten können. Stellen der Pastor:innen, die aus Altersgründen aus dem Dienst ausscheiden, werden nicht oder nur teilweise nachbesetzt. Dom-Pastor Martin Klatt erklärt: „Wir betreten Neuland. Neue Möglichkeiten zeichnen sich ab, aber auch schmerzliche Abschiede von Liebgewordenem und Kostbarem. Unsere Aufgabe besteht darin, lebendige und vielfältige, für unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen einladende Gottesdienste zu feiern“. Dass sich Gewohnheiten ändern, davon spricht Robert Pfeifer, Pastor an St. Marien. „Wir überlegen, wie der 12 Uhr-Gottesdienst an das überwiegend touristische Publikum angepasst werden kann“. Und auch, wenn sich die Gottesdienstzeit in St. Aegidien nicht verändert, so ändert sich doch etwas: „Die Zusammenarbeit unter den Gemeinden verstärkt sich, und nicht alle Gottesdienste an Feiertagen werden zeitgleich stattfinden“, sagt Pastor Thomas Baltrock. Auch könne er Taufen und Trauungen in anderen Innenstadtkirchen abhalten. Olivia Kempke vom Kirchengemeinderat St. Jakobi betont: „Die Mitglieder aller Kirchengemeinderäte haben sich lange Gedanken gemacht und tragen die Veränderungen komplett mit. Es war ein produktiver Prozess und ich bin froh über das Ergebnis“.
Notwendigkeit zur Veränderung
„2022 ist in Deutschland der Anteil der Kirchenmitglieder unter 50 Prozent der Bevölkerung gesunken. Das schmerzt – und es erfordert ein Umdenken; auch, was die Finanzierbarkeit von Personalstellen betrifft. Mit dem neuen Gottesdienstkonzept reagieren die vier Gemeinden konstruktiv auf die Notwendigkeit zur Veränderung. Die bisherige Arbeit kann nicht einfach auf weniger Schultern verteilt werden; wir wollen nicht, dass unser Personal ausbrennt. Mein Respekt gilt allen Verantwortlichen; und ich bitte die Gemeindemitglieder, sich hoffnungsvoll auf das Neue einzulassen“, ermuntert Petra Kallies, Pröpstin des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. Und: „Die Lübecker Innenstadtkirchen machen gemeinsam einen mutigen und innovativen Schritt. Sie zeigen, dass auch mit einer mehr als 800 Jahre alten Tradition Veränderungen möglich sind. Dafür bin ich dankbar. Die Innenstadtkirchen haben damit eine Vorbildfunktion, die Signalwirkung auch für andere Lübecker Gemeinden und im Herzogtum Lauenburg haben kann, ihre bisherigen Konzepte zu überplanen.“
Neues Konzept für die Kirchenmusik
Im September 2021 beschloss die Synode des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg ein Kirchenmusikkonzept zur strukturellen Sicherung der Kirchenmusik in den Propsteien Lübeck und Lauenburg. „Es wurde deutlich, dass eine dauerhaft tragfähige und finanzierbare Struktur der Kirchenmusik in der Innenstadt nicht mehr nur in Bezug auf die Standorte gedacht werden kann, sondern als ein Ganzes mit unterschiedlichen Profilen und Schwerpunkten betrachtet werden muss“, erläutert Hans-Jürgen Wulf, Landeskirchenmusikdirektor der Nordkirche. Der Beschluss sichere dem Ev.-Luth. Kirchengemeindeverband Innenstadt Lübeck (KGVI) die finanzielle Basis, die Kirchenmusik der Innenstadt zukünftig mit insgesamt 2,5 A-Stellen (statt bisher mit 3,5) zu gestalten. „Diese Gestaltung ist dabei im engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Gemeinden sowie dem Gottesdienstkonzept der Innenstadt zu sehen.“ Der KGVI finanziert eineinhalb Stellen, der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg eine Stelle.
Aufteilung der kirchenmusikalischen Arbeit
Der KGVI beschloss einstimmig eine Grundstruktur für die Zuordnung der vorhandenen Beschäftigungsverhältnisse zu den Standorten zum 1. Juli 2022: Im Dom und an St. Marien wirkt Johannes Unger, in St. Aegidien Eckhard Bürger, in St. Jakobi Ulrike Gast – an jeder Kirche mit dem Umfang einer halben Stelle. Für eine gemeinsame Kinder-Jugend-Chorarbeit sowie zur Unterstützung und Vertretung steht Eckhard Bürger mit einer weiteren halben Stelle zur Verfügung. Fabian Luchterhandt wird ab dem 1. Juli 2022 weiter eine Assistentenstelle mit einem Umfang von 25 Prozent eines B-Musikers versehen. Die Kooperation von Musikhochschule und St. Jakobi unter der Leitung von Prof. Arvid Gast besteht finanziell unabhängig hiervon fort. „Ich bin dankbar, dass wir trotz der Kürzung niemand gehen musste und blicke positiv in die Zukunft“, so Johannes Unger.
Weiterhin große Projekte geplant
Verbandsvorsitzende Cornelia Schäfer blickt optimistisch in die Zukunft: „Dank der 4 Viertel-Stiftung und Unterstützung durch weitere Stiftungen und Sponsor:innen werden wir große Projekte wie den „Lübecker Orgelsommer“, die „Buxtehude-Tage“ wie auch Aufführungen der großen Oratorien weiterhin veranstalten können“. Die 4 Viertel-Stiftung gibt es seit 2006; sie ist mit einem Grundkapital von 1,4 Millionen Euro ausgestattet. Die Stiftung vermehrt das Kapital durch Anlagen in Wertpapieren und Fonds. Die Erträge fließen in die Kirchenmusik der Innenstadtkirchen. Ganz neu ist die Online-Spendenmöglichkeit auf der Homepage www.innenstadtkirchen-luebeck.de unter dem Reiter „Musik“.
Zusammenarbeit der Gemeinden
Gemeinsame Projekte in der Innenstadt wie der Konfi-Unterricht, die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Chor-Arbeit werden künftig ausgeweitet. Derzeit gibt es in den Innenstadtgemeinden neben den Kantoreien mehrere feste Chorgruppen mit insgesamt etwa 400 Sänger:innen. Die Zukunft der Chöre gemeindeübergreifend zu gestalten, gehört zu den dringenden nächsten Anliegen.
Neues entstehen lassen
„Für uns Kirchenmusiker:innen wird es noch wichtiger, gut und eng zusammenzuarbeiten und so das Bewusstsein für alle zu wecken, dass diese Gemeinschaft als Team für die Innenstadt eine große Stärke sein kann und durch diese Kräfte Neues entstehen wird. Ich finde es wichtig, positiv nach vorne zu blicken, um sich den neuen Aufgaben zu öffnen“ erklärt Kirchenmusikerin Ulrike Gast.
„Die Veränderungen bedeuten nicht, Abschied von einer weit ausstrahlenden und attraktiven Kirchenmusik in der Lübecker Innenstadt, mit ihrer großen Tradition, ihrer Ausstrahlung, ihrem Niveau, ihrer Faszination und ihrer Vielfalt und dem Zusammenspiel mit der Kirchenmusik und Kultur in Lübeck insgesamt, zu nehmen“. Im Gegenteil: „Das Prinzip regionaler Gesamtverantwortung für Kirchenmusik hat sich deutschlandweit bewährt, um unter den derzeitigen Rahmenbedingungen hauptamtliche Kirchenmusik strukturell zu sichern. „In der Lübecker Innenstadt ist damit eine gute Basis gelegt“, betont Hans-Jürgen Wulf abschließend.
Hintergrund Pfarrstellen-Plan:
2003 beschloss die Synode des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, dass jede Innenstadt-Kirchengemeinde mit 1,5 Pfarrstellen ausgestattet wird. Durch den Rückgang der Zahl der Pastor:innen ist das nun nicht mehr möglich. Für 2022/23 hat die Synode kürzlich ein Soll für die Innenstadt von sechs Pfarrstellen beschlossen. Die Prognose für 2030 liegt bei 4,5 Pfarrstellen.
Steffi Niemann
Foto: Pastorinnen und Pastoren, Kirchenmusikerin und Kirchenmusiker sowie KGR-Mitglieder der Innenstadtgemeinden Lübeck stellten die Veränderungen – zusammen mit Pröpstin Petra Kallies – auf einer Pressekonferenz in St. Jakobi vor.
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